Die Carolinensieler Schule

Ein Bericht der ehemaligen Schulleiterin Renate Janßen-Niemann

Wenn wir im Jahr 2005 auf 275 Jahre Carolinensiel zurückblickten, so war das eine fast ebenso lange Geschichte der Carolinensieler Schule.
Als es 1732 bereits 15 schulpflichtige Kinder im eben gegründeten Ort Carolinensiel gab, war unbestritten, dass der Weg zu den bestehenden Schulen in Berdum und Funnix zu weit war für die ABC-Schützen.
Ganze zehn Reichsthaler hatte Herzog Georg Albrecht für eine in Carolinensiel zu gründende Schule gestiftet, trotzdem bewarb sich Caspar Hinrich Docius aus Neufunnixsiel, um die Stelle als Lehrer dort, da sich ihm 'in diesen trübseligen Zeiten'  keine besseren Verdienstmöglichkeiten boten.
Das geringe Schulgeld von 15 Schülern kam hinzu, wobei die Armenkasse zu Funnix das Geld für arme Schüler zahlte. Weil Docius dem Bericht des Pastors Angelbeck aus Funnix zufolge jedoch die Kinder 'blutrünstig' schlug und auch den Unterricht nicht beständig abhielt, löste man ihn 1737 durch Johann Hinrich Tjardsen. 56 Jahre lang unterrichtete dieser die Carolinensieler Schüler, bis ihm der eigene Sohn im Amte folgte.

Als nach dem Aussterben des ostfriesischen Fürstenhauses 1744 das Königreich Preußen die Regierungsgeschäfte übernahm, wurde ein neuer Schul-Catalog Grundlage der Überprüfungen von Schulinspektoren und Pastoren.
Im Inspektionsbericht von 1771 heißt es da, dass der Unterricht vormittags von 9 –12 Uhr und nachmittags von 1 – 4 Uhr abgehalten wurde. Mittwoch – und Sonnabendnachmittag war frei.
Jeder Schulmorgen begann mit Gesang, einem Gebet und einem Psalm. Das Lesen und Schreiben wurde am Catechismus gelehrt.
1733 befand sich die Schule mit dem großen Klassenraum gegenüber der Kirche. 1769 wurden in diesem einen Raum mit einer Größe von 4,70 m Länge und 4,40 m Breite 80 Kinder unterrichtet. Aus Platzmangel gab es keine Pulte oder Tische, die Kinder mussten ihre Tafeln beim Schreiben auf den Knien halten.
1835 wurde quer vor der alten Schule eine neue Schule mit zwei Klassen und einer Lehrerwohnung gebaut.
Die zunehmende Schülerzahl machte bereits 26 Jahre später wiederum den Bau eines neuen Schulgebäudes in der heutigen Mühlenstraße notwendig, diesmal mit vier Klassen für 200 Schüler sowie eine Lehrerwohnung.
In der Chronik, die sich im Stadtarchiv befindet , lesen wir, dass um 1862 eine dreiklassige Schule existiert für ca. 250 Schüler, die von einem Lehrer und zwei Gehilfen unterrichtet werden (Aus heutiger Sicht unvorstellbar!).
Dass der erste Lehrer gleichzeitig auch das Amt des Organisten ausführte, war übrigens selbstverständlich.
Nachdem der Rektor 1928 eine Dienstwohnung in der Mühlenstraße bekam, verfügte die Schule nunmehr über fünf Klassenräume und ein Lehrerzimmer.
Für die Zeit von 1927 bis 1945 fehlen die Angaben. In der Nachkriegszeit pendelten sich die Schülerzahlen durch die Flüchtlingsströme zwischen 270 und 340 ein und die Schule wurde achtklassig geführt.
1962 wurde das 9. Schuljahr eingeführt und bis 1968 folgten die Auflösungen der Schulen Altharlingersiel und Berdum.
Dies war allerdings erst möglich nachdem der 1. Bauabschnitt einer Schule 1967 (gemäß Wandinschrift neben Hauptportal!?!)  an der Wittmunder Straße, dem heutigen Schulstandort und weitere Einzelabschnitte fertig gestellt wurden, darum der Stein in der Kindergartenwand. Zunächst waren hier nur sechs Oberstufenklassen untergebracht, nach Fertigstellung des 2. Bauabschnittes 1970 konnten im darauffolgenden Jahr dann 316 Kinder im Neubau unterichtet werden, 119 Schüler besuchten die Grundschule in Altfunnixsiel.
Ein weiterer Einschnitt stand der Schule 1973 bevor: in der Statistik lesen wir für dieses Jahr zum ersten Mal vom Übergang der Schüler zur Orientierungsstufe nach der 4. Klasse. Die Statistik des Jahres 2004 schließlich notiert den Begriff Orientierungsstufe nicht mehr, da die OS abgeschafft wurde. Gutachten der Klassenkonferenzen empfehlen den Eltern künftig den Besuch einer weiterführenden Schule .
Schlagen wir den Bogen vom Bezahlen des Lehrers durch Gelder von Herzog Albrecht und dem Schulgeld von 15 Schülern zu der heutigen Zusammenarbeit von Eltern, Lehrern und Schülern. Im neuen Schulgesetz von 2004 ist die intensive Beratung und Zusammenarbeit mit den Eltern ausdrücklich festgeschrieben.
Carolinensiel wurde 1999 zur so genannten Verlässlichen Grundschule. Bei diesem System können sich die Eltern darauf verlassen, dass kein Unterricht ausfällt und ihre Kinder fünf Zeitstunden in der Schule verbringen. Die Schüler der 1. und 2. Klasse können nach vier Schulstunden am Tag ein Betreuungsangebot wählen, um die Differenz zur 5. Stunde auszugleichen. Dafür stehen pädagogische Mitarbeiter zur Verfügung.

Unser jetziges Schulprogramm sieht die Stärkung der Region im Unterricht vor. Die Möglichkeiten der außerschulischen Angebote wie Nationalparkhaus und Sielhafenmuseum, die vielfältigen Formen der Land- und Wasserwirtschaft, die wir vorfinden, bieten dafür gute Lernmöglichkeiten vor Ort.

Die Chronik gibt Auskunft über die Lehrer, die Rektor Tjardsen, jun. folgten: von 1830- 1876 unterrichtete ein Lehrer Müller die Schüler, gefolgt von Johann Hinrich Budde, der 1916 von Meinhard Dreyer abgelöst wurde.
Ältere Carolinensieler mögen sich noch an Friedrich Klunsmann erinnern, der etwa 1975 das Amt des Rektors an Emil Ziegenbruch weitergab.
Von 1961 bis 1967 unterrichtete Wilhelm Brocksieper, gefolgt von Galt Harms, der vielen auch als Organisator der jährlichen Kunstausstellungen in der Schule bekannt ist. 1983 übernahm Hans Gerdes die Leitung der Schule bis 1993.
Am 1. Februar 1993 wurde Renate Janßen als erste Frau in der Geschichte der Schule von Regierungsschuldirektor Hans-Joachim Kelm (damals noch "Schulrat") als Schulleiterin in ihr Amt eingeführt.

Aktuelles (nachgetragen von Stefanie Totzeck, derzeitige Schulleiterin):

Anschließend leitete Herr Hendrik Bergelt die Grundschule Carolinensiel (August 2014 bis August 2019), deren jetziger Name, Marie Ulfers Schule, unter seiner Leitung entstand. Ebenso wurde der Ganztag von Dienstag bis Mittwoch eingeführt.

Seit dem 01.02.2019 ist nun Stefanie Totzeck die Schulleiterin der Marie Ulfers Schule. Ein Schwerpunkt unter ihr ist der Ausbau der MINT-Fächer und der digitalen Medien. Außerdem wird die Zusammenarbeit mit allen Kooperationspartnern weiter professionalisiert.

 

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